Sollten sie es tatsächlich nochmals wagen? Ein Projekt für ein eigenes Haus kurz vor der Pensionierung angehen? Die Rückkehr ins Fricktal? Ihr Haus in Wilen (OW) war doch eigentlich ideal. An einem Hang etwas oberhalb des Sarnersees gelegen, bot es der Familie Husner alles, was sie sich wünschte: eine zweigeschossige Wohngalerie, einen spektakulären Ausblick und einen grossen Garten. Auch die Raumaufteilung entsprach den Idealvorstellungen der 4-köpfigen Familie: Das Wohnen und Schlafen konzentrierte sich auf einer Ebene: Hier wurde gekocht, gemeinsam gegessen, diskutiert, relaxt oder TV geschaut. Und, wichtig: Der Wohnbereich war direkt, ohne mühevolles Treppensteigen, über die Haustüre zugänglich. Ein Traumhaus, 1996 gebaut.
Doch die Bauherrschaft realisierte irgendwann, dass sie hier «nicht bis ins hohe Alter» leben würden. Grund dafür war nicht das Haus, sondern die dezentrale Wohnlage in Wilen, die nur mit dem Auto wirklich gut zu erreichen war.
Eine Zeitlang liebäugelten die Bauherren mit einer Eigentumswohnung. Attikageschoss, helle Räume, grosse Terrasse. Doch nach vertiefter Abklärung wurde klar: Das neue Zuhause sollte wieder ein Eigenheim sein, eines, das ihren Bedürfnissen und Vorstellungen gerecht wird. Wo aber sollte dieses Haus stehen? Auch hier waren sich die beiden ‹Heimweh-Fricktaler› bald einig: Wir kehren zurück!
Frick lockte mit wunderbaren Wandermöglichkeiten, einem attraktiven Kulturangebot und guten Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Ausserdem haben die Bauherren hier einen Freundes- und Kollegenkreis, den sie über die Jahre und die räumlichen Distanzen hinweg pflegten.
Dörrmatt oder Zwidellen waren ihre Wunschquartiere – zentral gelegen, nahe beim Bahnhof. Der Bauherr kennt diese Quartiere wie seine Westentasche: Sein Schulweg führte dort vorbei. «Jede Ecke, jeder Baum ist mit Erinnerungen verbunden». Und gross war die Freude, als man nach längerer Suche eine Bauparzelle am Rand des Zwidellen-Quartiers erwerben konnte – mit freier Sicht gegen Südwesten. Die Parzelle lud zum Träumen. Allerdings mussten sich die Bauherren von einer Idee verabschieden: Auf der steilen Hangparzelle (6-Meter-Geländesprung) war es nicht möglich, alle wichtigen Wohnbereiche auf derselben Ebene zu organisieren. Wie also sollte das Haus konzipiert sein?
Im Dezember 2011 trafen sich die Bauherrschaft mit Daniel John zu einer ersten Besprechung. Mit dem «dicken Filzstift» wurden verschiedene Skizzen angefertigt: Variationen eines Würfelbaus – und dann kam diese Idee für ein zweigeschossiges Haus mit Attika auf, dessen zweites Stockwerk herausragt und zu den anderen Geschossen abgedreht ist. Die Drehung und die Auskragungen verleihen dem Baukörper eine besondere Dynamik. Von aussen betrachtet ergibt sich ein spannungsgeladenes Spiel der Winkel; im Innern bietet das Haus je nach Geschoss unterschiedliche Ausblicke. Hinzu kommt eine formschöne Terrasse samt Loggia im Attikageschoss. «Diese Idee hat uns sofort begeistert», erinnert sich die Bauherrin.
Die Projektskizzen legten auch das Raumprogramm in groben Zügen fest: Das kleinere Attikageschoss beherbergt die Küche, den Ess-/ Wohnraum, eine Tagestoilette und die Loggia; im Mittelgeschoss befinden sich die Schlafzimmer und die Bäder; im Untergeschoss sind die Garage sowie ein Büro und ein WC untergebracht. «Auf diese Weise sind die Bereiche Wohnen, Schlafen und Büro jeweils auf ein Geschoss konzentriert», sagt die Bauherrin. «Das sorgt für Ruhe und Struktur». Die Erschliessung des Hauses erfolgt entweder über die Garage im Untergeschoss, wo ein Lift und eine Treppe in die oberen Stockwerke führen; oder man gelangt durch den oberen Eingang (via Theilerweg) direkt ins Attikageschoss. 25 In einem nächsten Schritt galt es, das Raumprogramm detaillierter festzulegen. Wo würden die Hausherren schlafen, wo die Gäste? Wie gross sollten die Schlafzimmer sein? Welchen Ausblick sollten die Zimmer bieten? «Um eine ideale Aufteilung zu finden, muss man die Lebensgewohnheiten, die Vorlieben und Wünsche der Bauherren sehr genau kennen», sagt die mit der Aufgabe betraute Architektin Regula John. Gleichzeitig müsse man die künftige Nutzung des Hauses im Auge behalten – ein Haus habe eine Lebensdauer von rund 100 Jahren. Irgendwann in dieser Zeitspanne soll die Immobilie auch eine neue Verwendung finden, etwa für eine Familie.
Auch sollte das Haus den ökologischen und nachhaltigen Grundsätzen sowie dem aktuellen Stand der Technik entsprechen: so wünschte es die Bauherrschaft. Diese Ansprüche seien in ausgezeichneter Weise erfüllt worden, sagt der Bauherr bei einem Treffen im neuen Heim. Das Haus ist nach Minergie-Standard gebaut und wird mit einer Wärmepumpe beheizt, welche die benötigte Energie dem Grundwasser entnimmt. Auf dem Dach wurden (nahezu unsichtbare) Sonnenkollektoren installiert, die das Heiz- und Warmwassersystem unterstützen. Zum guten Raumklima trägt eine kontrollierte Lüftung in allen bewohnten Räumen bei.
Bei den Planungsarbeiten haben auch viele externe Fachkräfte mitgeholfen, darunter Ingenieure, Elektro-, Sanitär- und Heizungs-Lüftungsplaner. Besonders knifflig waren die statischen Berechnungen des Mittelgeschosses mit seinen Auskragungen. «Der Bauingenieur (Sohn) hat diese Aufgabe mit Bravour gelöst», sagt der Vater mit einigem Stolz. Weil das Attikageschoss nicht wie die beiden unteren Etagen in Stahlbeton, sondern in Holzelement-Bauweise erstellt wurde, brauchte es zudem das Knowhow eines Holzbauplaners (Fabian Frei).
Frühzeitig hat man auch die Lichtplanung (Thomas Schoch) an die Hand genommen, schliesslich wird nicht nur tagsüber, sondern auch bei Dämmerung und nachts in einem Haus gelebt. Bei der Farbgebung der Fassade und der Innenräume tüftelte die Farbgestalterin Nadine Tachezy mit. In diesem gemeinsamen Gestaltungsprozess zeigten sich die Bauherren offen für Neues, Ungewohntes. Die Fassade des Attikageschosses etwa liessen sie in Dunkelgrün gestalten – «das Wagnis hat sich gelohnt», freut sich die Bauherrin.
Hatten sie denn nie ein mulmiges Gefühl? Schliesslich kann bei einem Bauprojekt doch so einiges schiefgehen. «Nein», sagt der Bauherr. «Mit einem unguten Gefühl im Bauch würde ich nicht bauen.» Das Vertrauen ins Planer-Team sei Voraussetzung für eine gute Abwicklung des Projektes. Besonders deutlich zeigte sich dies während der Bauphase, als die Familie Husner im 100 Kilometer entfernten Wilen (OW) wohnte. «Da konnten wir uns voll und ganz auf unsere Bauleiterin verlassen.»
Selbstverständlich waren auch die Bauherren regelmässig auf der Baustelle. In der ‹heissen Phase› ist der Bauherr, selber diplomierter Bauführer, mehrmals nach Frick gefahren, um Fragen zu klären und Entscheide zu treffen. Der Bau eines Eigenheims erfordere Zeit und Energie, sagt er. Eine Last aber, nein, das war es ihm nie, vielmehr «eine grosse Freude».
Der Bauherr erlebte während der Bauphase ein «reibungsloses Zusammenspiel» mit der Bauleiterin, den Ingenieuren und den Unternehmern. Man habe sich als Team verstanden, in dem jeder seine Rolle und Verantwortung trage. Es sei wichtig, sagt der Bauherr, dass man die Aufgaben untereinander aufteile. «Es muss geregelt sein, wer mit den Unternehmern koordiniert, sonst gibt’s Missmut und Chaos».
Auch das Baubudget habe man frühzeitig festgelegt – es sollte auf keinen Fall einer rollenden Planung unterliegen. «Träume haben keine Obergrenze», weiss der Bauherr. «Sie kosten 1, 2 oder 10 Millionen. Egal wie hoch man die Budgetdecke setzt, man wird sie mühelos erreichen.» Weit schwieriger sei es hingegen, ein Budget nicht zu 26 überschreiten. Man müsse sich dann immer wieder fragen: Braucht es dies oder jenes tatsächlich – oder ist das Luxus?
Tausend Entscheidungen sind nötig, bis ein Haus vollendet ist. Zuletzt stehe, so scherzt die Bauherrin, noch die Wahl der Schlüsselfarbe an. Ist man nicht irgendwann müde, zu entscheiden? «Wir sind beide entscheidungsfreudige Menschen», sagt die Bauherrin. Auch würden sie einen Entscheid nur selten verwerfen. Ihr Ehemann hält sich an folgenden Grundsatz: «Ist ein Entscheid mal getroffen worden, wird nicht mehr daran gerüttelt – es sei denn, die beurteilten Faktoren hätten sich zwischenzeitlich verändert.»
Bedauert haben sie keinen ihrer Entscheide. Die Aufteilung der Räume, die Technik – «alles funktioniert bestens», bilanziert die Bauherrin nach dem ersten Halbjahr. «Wir sind sehr glücklich, dass wir diesen gemeinsamen Traum verwirklichen konnten».
Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!
Auftraggeber: Privat
Baujahr: 2013-2014